"Ein Politthriller," so urteilt die International Legal Tribune über THE COURT, der die Amtszeit des ersten Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) dokumentiert.
Der Film beginnt mit einem Wunder. Es besteht darin, dass es dieses Gericht überhaupt gibt. Das Entsetzen über den Völkermord in Ruanda, das Massaker von Srebrenica und weitere Kriegsgräuel der Jugoslawienkriege führte zu seiner Gründung als dauerhaftes internationales Gericht.
Die Androhung von Strafe, so die Hoffnung bis heute, würde dazu führen, dass Konflikte durch Verhandlungen anstatt mit Gewalt gelöst werden.
Binnen weniger Tage (!) im Juni 1998 einigten sich Delegierte von 160 Staaten auf das sogenannten Römische Statut. Dieser Text ist bis heute Grundlage für die Arbeit des ICC. Auch die Tatsache, dass bis zum Jahr 2018 insgesamt 123 Staaten diese Statuten als völkerrechtlich bindend anerkannten, ist ein wahres Wunder. Denn nur in Staaten, die sich dem Gericht unterstellen, ist es auch zuständig. Darüber hinaus kann jedoch auch der UN-Sicherheitsrat einen Fall an den ICC verweisen.
So geschah es im Fall des kongolesischen Milizenführers Thomas Lubanga Dyilo. Der Prozess gegen ihn bildet die Klammer des Filmes.
Charismatische Hauptfigur des Filmes dagegen ist der erste Chefankläger des ICC, Luis Moreno-Ocampo. Gemeinsam mit seinem Team hat er Beweise über grauenvolle Verbrechen gesammelt, die Lubanga als Befehlsgeber seiner Truppen zur Last gelegt wurden. Die Anklage konzentrierte sich vor allem auf die zwangsweise Rekrutierung von Kindern unter 15 Jahren.
Kurze Archiv-Ausschnitte verdeutlichen im Film das Ausmaß der Milizenbrutalität, gerade auch gegen Kinder. (Triggerwarnung!)
Systematisch entrissen Lubangas Leute Kinder ihren Familien, um sie bei fortgesetzter brutalster Behandlung in Trainingslagern zu Soldaten zu drillen.
Das Verfahren gegen Lubanga war ein Test für das Gericht und das Team um Luis Moreno-Ocampo. Mehrere Jahre lang begleiteten die Regisseure Michele Gentile und Marcus Vetter den Argentinier mit der Kamera. Im Genre eines Justizthrillers führt ihr Film hinter Türen, die für die Öffentlichkeit normalerweise geschlossen bleiben.
Durch kluge Montage gelingt es in THE COURT, die hochkomplexen, oft abstrakten juristischen Abläufe nachvollziehbar und anschaulich zu machen, und Einblicke die Vielschichtigkeit der Arbeit am ICC zu geben.
So war das Team auch dabei, als gegen den lybischen Diktator Muammar Gaddafi und seinen Sohn Saif Al Islam Haftbefehle ausgestellt wurden. Dokumentiert werden auch Diskussionen der Frage, ob das Gericht Palästina als Staat anerkennen kann. Nur dann könnten sowohl die Hamas als auch Israel wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden.
Als Hollywoodstar Angelina Jolie und Ben Ferenzc, einer der Ankläger der Nürnberger Prozesse, zur entscheidenden Schluss-Anhörung im Fall von Thomas Dyilo Lubanga nach Den Haag kommen, wird jedem die Bedeutung und die Verantwortung dieses jungen Weltgerichts bewusst: Das Gericht setzt fort, was bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen nach dem 2. Weltkrieg begann. Wer Angriffskriege beginnt oder Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen begeht – der kann nicht mehr sicher sein, straflos davon zu kommen.
***
Nachbemerkung, 2023:
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wurde u.a. in der Ukraine immer wieder der Ruf laut: Putin nach Den Haag. Tatsächlich erließ der Internationale Strafgerichtshof im Zusammenhang mit der Verschleppung von Kindern aus der Ukraine nach Russland Haftbefehle gegen Vladimir Vladimirowitsch Putin und Frau Marija Aleksejewna Lwowa‑Belowa. Zwar ist die Ukraine ebenso wie Russland kein Vertragsstaat des ICC. Sie hat aber die Jurisdiktion des Gerichts nachträglich anerkannt. Wird ein Verbrechen, das in die Zuständigkeit des ICC fällt, auf dem Territorium der Ukraine verübt werden, kann der ICC ermitteln. Auf diese Weise können auch Angehörige eines Nichtvertragsstaates belangt werden.
"Ein Politthriller," so urteilt die International Legal Tribune über THE COURT, der die Amtszeit des ersten Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) dokumentiert.
Der Film beginnt mit einem Wunder. Es besteht darin, dass es dieses Gericht überhaupt gibt. Das Entsetzen über den Völkermord in Ruanda, das Massaker von Srebrenica und weitere Kriegsgräuel der Jugoslawienkriege führte zu seiner Gründung als dauerhaftes internationales Gericht.
Die Androhung von Strafe, so die Hoffnung bis heute, würde dazu führen, dass Konflikte durch Verhandlungen anstatt mit Gewalt gelöst werden.
Binnen weniger Tage (!) im Juni 1998 einigten sich Delegierte von 160 Staaten auf das sogenannten Römische Statut. Dieser Text ist bis heute Grundlage für die Arbeit des ICC. Auch die Tatsache, dass bis zum Jahr 2018 insgesamt 123 Staaten diese Statuten als völkerrechtlich bindend anerkannten, ist ein wahres Wunder. Denn nur in Staaten, die sich dem Gericht unterstellen, ist es auch zuständig. Darüber hinaus kann jedoch auch der UN-Sicherheitsrat einen Fall an den ICC verweisen.
So geschah es im Fall des kongolesischen Milizenführers Thomas Lubanga Dyilo. Der Prozess gegen ihn bildet die Klammer des Filmes.
Charismatische Hauptfigur des Filmes dagegen ist der erste Chefankläger des ICC, Luis Moreno-Ocampo. Gemeinsam mit seinem Team hat er Beweise über grauenvolle Verbrechen gesammelt, die Lubanga als Befehlsgeber seiner Truppen zur Last gelegt wurden. Die Anklage konzentrierte sich vor allem auf die zwangsweise Rekrutierung von Kindern unter 15 Jahren.
Kurze Archiv-Ausschnitte verdeutlichen im Film das Ausmaß der Milizenbrutalität, gerade auch gegen Kinder. (Triggerwarnung!)
Systematisch entrissen Lubangas Leute Kinder ihren Familien, um sie bei fortgesetzter brutalster Behandlung in Trainingslagern zu Soldaten zu drillen.
Das Verfahren gegen Lubanga war ein Test für das Gericht und das Team um Luis Moreno-Ocampo. Mehrere Jahre lang begleiteten die Regisseure Michele Gentile und Marcus Vetter den Argentinier mit der Kamera. Im Genre eines Justizthrillers führt ihr Film hinter Türen, die für die Öffentlichkeit normalerweise geschlossen bleiben.
Durch kluge Montage gelingt es in THE COURT, die hochkomplexen, oft abstrakten juristischen Abläufe nachvollziehbar und anschaulich zu machen, und Einblicke die Vielschichtigkeit der Arbeit am ICC zu geben.
So war das Team auch dabei, als gegen den lybischen Diktator Muammar Gaddafi und seinen Sohn Saif Al Islam Haftbefehle ausgestellt wurden. Dokumentiert werden auch Diskussionen der Frage, ob das Gericht Palästina als Staat anerkennen kann. Nur dann könnten sowohl die Hamas als auch Israel wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden.
Als Hollywoodstar Angelina Jolie und Ben Ferenzc, einer der Ankläger der Nürnberger Prozesse, zur entscheidenden Schluss-Anhörung im Fall von Thomas Dyilo Lubanga nach Den Haag kommen, wird jedem die Bedeutung und die Verantwortung dieses jungen Weltgerichts bewusst: Das Gericht setzt fort, was bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen nach dem 2. Weltkrieg begann. Wer Angriffskriege beginnt oder Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen begeht – der kann nicht mehr sicher sein, straflos davon zu kommen.
***
Nachbemerkung, 2023:
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wurde u.a. in der Ukraine immer wieder der Ruf laut: Putin nach Den Haag. Tatsächlich erließ der Internationale Strafgerichtshof im Zusammenhang mit der Verschleppung von Kindern aus der Ukraine nach Russland Haftbefehle gegen Vladimir Vladimirowitsch Putin und Frau Marija Aleksejewna Lwowa‑Belowa. Zwar ist die Ukraine ebenso wie Russland kein Vertragsstaat des ICC. Sie hat aber die Jurisdiktion des Gerichts nachträglich anerkannt. Wird ein Verbrechen, das in die Zuständigkeit des ICC fällt, auf dem Territorium der Ukraine verübt werden, kann der ICC ermitteln. Auf diese Weise können auch Angehörige eines Nichtvertragsstaates belangt werden.